Was wir wollen und fordern

Wir – das sind obdach- und wohnungslosen Menschen, Geflüchtete und Menschen mit Migrationsgeschichte, Mitarbeiter*innen in Sozialvereinen und mietenpolitisch Engagierte- haben Leerstand satt. Deswegen haben wir heute, am Samstag den 18. Dezember 2021 viele der lange leerstehenden Wohnungen in der Habersaathstraße erneut bezogen. Dadurch haben wir Wohnraum geschaffen, für Menschen, die ihn gerade dringend brauchen!

Bereits vor einem Jahr wurden mehrere Wohnungen in der Habersaathstraße 46 von wohnungs- und obdachlosen Menschen bezogen. Nach mehreren Stunden räumte die Polizei  die Menschen wieder brutal auf die Straße, bevor die Beschlagnahmung durch den Bezirk ausreichend geprüft werden konnte. Seitdem ist nicht viel passiert. Der damalige Eigentümer Andreas Pichotta bot an einige der leerstehenden Wohnungen als Kältehilfe einem Träger zur Verfügung zu stellen. Es gab Gespräche zwischen dem Eigentümer und einem Träger. Das Angebot verringerte sich immer weiter, von 40 blieben zehn Wohnungen übrig, am Ende gab es gar keine Wohnungen.

Jahrelang wurde es versäumt ausreichenden, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Entmietungen und Zwangsräumungen von Rot-RotGrün unterstützt  laufen ungehindert weiter. Immer weniger Menschen haben die Chance auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden und immer mehr Menschen haben gar keine eigene Wohnung. Schätzungsweise müssen in Berlin bis zu 10 000 Menschen auf der Straße leben, demgegenüber stehen lediglich bis zu 1050 Plätzen in Notunterkünften. Alle zusätzlichen Unterbringungen, die während der ersten Corona-Phase geschaffen wurden, wurden wieder abgeschafft. Wer ein Dach über dem Kopf sucht, findet oftmals nichtmal in überfüllten Kältehilfen einen Platz.

Der Senat hat sich zwar auf die Fahne geschrieben, Obdachlosigkeit bis 2030 abzuschaffen. Wie das funktionieren soll bleibt offen. Denn der Leerstand bleibt weiterhin unangetastet.  Nur wenn Wohnraum nicht mehr spekulativ als Ware gehandelt und Leerstand genutzt wird, kann bezahlbarer Wohnraum für alle entstehen. Hier in der Habersaathstraße standen bis heute viele gute, bezugsfertige Wohnungen leer.

Und wir machen einen Anfang!

Den Leerstand in der Habersaathstraße haben wir heute beendet. Dabei freuen wir uns auf eine gute Nachbarschaft mit den Mieterinnen und Mietern, die sich seit Jahren gegen die weitere Entmietung des Hauses und ihre Verdrängung zur Wehr gesetzt haben. Ohne sie gäbe es hier schon längst keinen Wohnraum mehr, sondern Luxusapartments und ein weiteres Hotel – was wirklich kein Mensch braucht.

Das Haus soll ein offener Ort für all die Menschen ohne festes Zuhause sein. Alle können sich mit Ideen und Vorschlägen einbringen. Wir wollen selbstverwaltet entscheiden wie wir gemeinsam leben.

Wir fordern, dass keine Räumung vorgenommen wird und die sofortige Beschlagnahmung der Habersaathstraße 40-48! Der Wohnraum soll Menschen zur Verfügung gestellt werden, die ihn brauchen und ihn sich deshalb angeeignet haben!

Niemand soll auf der Straße leben müssen. Für spekulativen Wohnungsleerstand gibt es keine Rechtfertigung! Das Menschenrecht auf Wohnen gilt für alle Menschen!

 

Vorschläge für die neue Nutzung:

Wir freuen uns auf eine gute Nachbarschaft mit den Mieterinnen und Mietern des Hauses in der Habersaathstraße. Sie haben sich gegen ihre Entmietung den Abriss des Hauses gewehrt. Menschen ohne Wohnung ziehen in ein Haus mit zu wenig Menschen. Wir freuen uns endlich ein dauerhaft sicheres Zuhause zu bekommen, mit regulären Mietverträge für alle Bewohner*innen. Aber auch Menschen, die (noch) kein festes Zuhause haben, sollen das Haus nutzen können.

In der Vorbereitung haben wir uns viele Gedanken zu unserem zukünftigen Zusammenleben gemacht. Besonders wichtig ist uns dabei:

 

• Wir wünschen uns, dass alle an dem Projekt Habersaathstraße beteiligten Menschen auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und an der Gestaltung des Zusammenlebens mitwirken können.

• Wir stellen uns ein Plenum vor, an dem alle Bewohner*innen teilnehmen können und gemeinsam Regeln für das Zusammenleben finden. Auch über die schwierige Frage, wer hier wohnen kann, wollen wir gemeinsam entscheiden. Wichtig ist uns ein wertschätzender Umgang untereinander.

• Konkret stellen wir uns einen lebendigen Ort vor, mit einem eigenen Bereich für Frauen*, einem Raum für Menschen mit Fluchterfahrung, einen Waschsaal und Duschmöglichkeiten vor.

• Auch sollte es Gemeinschaftsflächen zum gemeinsamen Kochen oder für kulturelle Veranstaltungen geben.

• Beratung- oder Sozialarbeit sollen bei Bedarf angeboten werden können.

• Damit unser neues Zuhause langfristig funktionieren kann, überlegen wir einen eigenen Hausverein zu gründen.

• Das Recht auf Wohnen darf nicht an Bedingungen, wie sozialarbeiterischer Betreuung geknüpft werden.

Wir sind gespannt und freuen uns auf das Zusammenleben.