Sechste Mahnwache gegen Obdachlosigkeit und Zwangsräumungen

Wenn Obdachlosigkeit bis 2030 beendet werden soll, muss heute gehandelt werden! Seid solidarisch, schaut nicht weg, mischt euch ein: Für ein bedingungsloses Zuhause für alle – unabhängig vom Aufenthaltsstatus!

6. Wintermahnwache gegen Obdachlosigkeit und Zwangsräumungen

Programm:
12. März 2024, 18 Uhr: Küfa und Netzwerktreffen im Kiezanker 36, Cuvrystraße 13/14, 10997 Berlin

(U-Bhf. Schlesisches Tor, U1, U3; S3,S5, S7, S9; Bus – 165 o M29)

13. März 2024, 16 Uhr bis 14. März 2024, 12 Uhr: Mahnwache vor dem Roten Rathaus, Rathausstraße 15, 10178 Berlin

(Verkehrsanbindung S+U Alexanderplatz Bhf. 0.4km. S3. S5. S7. S9, U5 Rotes Rathaus)

Mehr als 50.000 Menschen mit und ohne Migrations- oder Fluchtgeschichte werden in Berlin entrechtenden, zwangsgemeinschaftlichen Massen- und Notunterunterkünften, Hostels und Pensionen untergebracht oder versuchen ohne Obdach auf der Straße zu überleben. (Stand:2021). Die Zahl an Menschen in der sogenannten „verdeckten“ Obdachlosigkeit (Übernachten bei Freunden etc.) kann niemand benennen. Das, was als kurzfristige Notlösung gedacht ist, wird zu einem Dauerzustand. Ein Großteil dieser untergebrachten Menschen lebt länger als 1 Jahr dort. Zu diesen Menschen ohne eine Wohnung zählen z.B. alleinstehende Erwachsene, Paare, Familien, Kinder, Menschen mit Behinderung, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte,  Menschen ohne Papiere/ illegalisierte Menschen. 

Obdachlose Menschen werden immer wieder Opfer schwerer Gewalttaten. Zwischen 1990 und 2018 starben demnach mindestens 505 Obdachlose durch gewalttätige Übergriffe in Deutschland. Bei solchen Übergriffen auf obdachlose Menschen spielten menschenverachtende, rassistische oder rechtsextreme Motive häufig eine zentrale Rolle (Quelle: Drucksache 19/3918). Hinzu kommen rassistische, polizeiliche Maßnahmen, die Menschen z.B. mit Flucht-oder Migrationsgeschichte und ohne Obdach im öffentlichen Raum erleben.Das sindIdentitätskontrollen, Dursuchungen oder auch Verhaftungen, die allein aufgrund z.B. von äußeren Merkmalen wie Hautfarbe, vermuteter Herkunft oder Religionszugehörigkeit erfolgen  (racial profiling). Diese Kontrollen dürfen an sog. kriminalitätsbelasteten Orten (kbO) ohne eine konkrete Verdachtsgrundlage oder Gefahr geschehen (etwa dem Verhalten einer Person oder Gruppe).

Obdachlosigkeit wird in unserer Gesellschaft stigmatisiert. Menschen ohne Obdach werden aus dem öffentlichen Raum verdrängt. Ihr selbstorganisierten / selbstaufgebauten Schutzräume werden geräumt.  Sie erhalten Platzverweise und Aufenthaltsverbote aufgrund des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG), durch dass sie kriminalisiert werden. Sie haben keinen uneingeschränkten, niedrigschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem. Im Falle einer Erkrankung erfolgt im besten Fall nur eine Akutversorgung. Sie werden frühzeitig , ohne vollständig genesen zu sein, entlassen.

Keine Wohnung. Keine Plätze. Keine uneingeschränkte Gesundheitsversorgung.
Keine Sichtbarkeit. Kein Schutz. 

Nur die Selbstermächtigung der Initiative Leerstand Hab -Ich – Saath gemeinsam mit Menschen ohne Obdach konnte durch eine erneute Besetzung des bezugsfertigen Leerstandes in der Habersaathstraße 40 – 48 den dringend nötigen Wohnraum seiner Bestimmung wieder zuführen. Obdachlose Menschen haben endlich ein Zuhause. Wir wollen mit der Mahnwache zeigen dass Obdachlosigkeit von Menschen mit und ohne Migrations- oder Fluchtgeschichte nicht länger als Druckmittel eingesetzt werden kann.  Obdachlosigkeit kann Alle treffen.  Das gegeneinander ausspielen muss beendet werden.

Gegen Hass, Rassismus und rechte Hetze.  

DESHALB fordern wir:

Wohnungen für Alle – unabhängig vom Aufenthaltsstatus!

Recht auf Wohnen im Grundgesetz verankern und die Umsetzung des Artikel 28 der Berliner Landesverfassung, der jeder Person eine Wohnung verspricht!

Stopp von Zwangsräumungen!

Leerstand zu Wohnraum: zivile Beschlagnahmung von spekulativem, zweckentfremdeten langjährigem Leerstand als Amtshilfe anerkennen!

Präzedenzfall Habersaathstraße in allen Bezirken schaffen – statt Abriss von Wohnraum! Abschaffung der sog. „Berliner Linie“ – Verordnung, durch die neu besetzte Häuser, Plätze oder Wohnungen in Berlin innerhalb von 24 Stunden nach Bekanntwerden der Besetzung zu räumen sind! 

Obdach- und wohnungslose Menschen nach ihren Bedürfnissen fragen statt Zwangsunterbringungen!

Schaffung und Erhalt von Freiräumen für alternative Wohnformen!

Recht auf einen freien, niedrigschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem für ALLE – unabhängig vom Aufenthaltstatus!

Rückbau der menschenfeindlichen defensiven Architektur (Metalldornen etc.)!

Stopp der Kriminalisierung durch das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz!  

Stopp der Verschleierung von Übergriffen durch Polizei und Sicherheitsbehörden!

Abschaffung der kriminalitätsbelasteten Orten!

Stopp des racial Profilings! 

Rückkehr zur Gemeinnützigkeit für die LWUs (Landeseigene Wohnungsbauunternehmen) und eine Quote an Wohnungen für Menschen ohne Obdach! 

Einbindung von Selbstvertretungen, Initiativen und Organisationen zur bestmöglichen Lösung der Wohnungsproblematik!

Seid solidarisch, schaut nicht weg, mischt euch ein!
Gegen Hass, Rassismus und rechte Hetze.
Wenn bis 2030 Obdachlosigkeit beendet werden soll, muss heute gehandelt werden. Die Pandemie ist jetzt, Obdachlosigkeit gibt es schon zu lange um noch länger auszuharren und nur zu debattieren.

https://bundnisgegenobdachlosigkeit.wordpress.com/

6. Prozess GEWONNEN!

Heute war die 6. Urteilsverkündung im Prozess wegen einer Räumungsklage gegen die Langzeitmieter*innen der #Habersaathstraße– und wir haben gewonnen! Das Gericht schloss sich den bisherigen Urteilen an. Der Kampf geht weiter, bis alle im Haus eine Bleibeperspektive haben!

Hilfe für ex-obdachlose Bewohner*innen der Habersaathstraße – unsere CROWDFUNDING!

https://www.startnext.com/habersaath

Spendet für die Bewohner*innen der Habersaathstraße 40-48, unterstützt den Kampf gegen den Abriss des Hauses – Für das Recht auf ein Zuhause für alle!

Liebe Weihnachtsengel, wollt ihr noch jemanden beschenken? Hier ist eure Gelegenheit! Seit 2 Jahren haben wir, 60 ex-obdachlose Menschen, in der Habersaathstraße ein neues Zuhause. Ein Sprungbrett in ein besseres Leben! Doch der Eigentümer will uns loswerden und das Haus abreißen, stellte Strom & Warmwasser ab, zerstörte Türen & Fenster. Hier kommt ihr ins Spiel: Bitte spendet für Batterien, Kerzen, Gaskocher, Reparaturen usw. und kämpft mit uns – für eine gemütliche Weihnachtsstube für alle!

Wir brauchen dringend Kohle, also seid Großzügig für die #Habersaathbleibt

Leser*innenbrief und Artikel in CONTRASTE

In der CONTRASTE-Zeitung für Selbstorganisation wurde in der Oktober-Ausgabe ein Artikel veröffentlicht, in dem ein ‘ selbstverwaltetes Hausprojekt Ha46’ vorgestellt wurde. Der Artikel wurde geschrieben von den “Neuen Hausbewohnerinnen Habersaath 46″. Der Artikel und ein LeserInnenbrief in der kürzlich erschienenen Dezember-Ausgabe der CONTRASTE stellen die Aussagen in dem Artikel aus dem Oktober richtig.


LESER*INNENBRIEF

Lieber Leser*innenschaft, liebe Herausgeber*innen,

schon in der Überschrift des steckt die dreiste Lüge: Leerstand zu Wohnraum umwandeln (siehe CONTRASTE Nr. 469, Oktober 2023). Niemand der hier Schreibenden war, wie ihr Artikel suggeriert, an dem bald vier Jahre andauernden Prozess den Leerstand in der Habersaathstr 40-48 zu beenden, beteiligt. Weder bei den Besetzungen, noch im Kampf danach. Stattdessen führt diese Gruppe ein selbstgerechtes, unsolidarisches Eigenleben, bedroht den gesamten Rest der Bewohnerschaft und befeuert die Abrisspläne des Eigentümers von innen.

Einige Beispiele: Eine ukrainische Geflüchtete mit ihren beiden Kindern wird aus ihrer Wohnung gedrängt, zugunsten eines Safe Space für FLINTA* Safe Space, so zum Beispiel für eine deutsche, bestens vernetzte Linksautonome, die aus ihrem WG-Zimmer raus will. Eine Sargattrappe wurde vor der Tür eines ihnen unliebsamen Mieteraktivisten platziert. Einem Bewohner mit massiver Mobbingerfahrung wird »Du Opfer« an die Tür geschmiert, woraufhin er zweimal versucht sich das Leben zu nehmen.

Bald zwei Jahre des Terrors dieser Gruppe (»Schneckengang«) liegen hinter uns Bewohner*innen und Aktiven der Habersaathstraße. Die Liste der Taten, Beschimpfungen, Angriffe und Verletzungen gegen uns ist lang. Das Schweigen der stadtpolitischen Szene dazu ist laut.

Dass eine gewalttätige Gruppe, die noch dazu den Feminismus aufs schlimmste missbraucht, ihre Erzählung weiter unbehelligt verbreiten darf, zum Beispiel in der CONTRASTE, ist nicht nachvollziehbar. Dabei hätte es wenig Aufwand bedarf, zu recherchieren, um wen es sich bei den »Neuen Bewohner*innen der Ha46« handelt. Mehrere öffentliche Statements, Hilferufe und Betroffenenberichte liegen längst vor. Wenig Aufwand und etwas Mut. Doch daran scheint es einen eklatanten Mangel zu geben.

Eine Linke, die ihre Augen verschließt vor Täter*innen in den eigenen Reihen und ein Journalismus, der es versäumt, kritisch zu hinterfragen und Inhalte zu prüfen, sind ein wahrlich erschütterndes Zeugnis für den Zustand einer sich links nennenden politischen Szene.

Annegret, Initiative Leerstand Hab-ich-Saath

Die CONTRASTE-Redaktion beschäftigt sich bei ihrem Winterplenum im Januar mit dieser Kritik und nimmt danach Stellung. Lest dazu auch den Beitrag aus Seite 4.


Habersaathstraße 40-48, Berlin

Kritik an den »Neuen Bewohner*innen«

In unserer Oktober-Ausgabe veröffentlichte CONTRASTE an dieser Stelle einen Beitrag der »Neuen Hausbewohner*innen Ha46«. An der Darstellung der Gruppe gibt es allerdings deutliche Kritik von anderen Hausbewohner*innen und Aktiven in der Habersaathstraße (siehe auch Seite 16), der wir im Folgenden Raum geben möchten.

Jean Donauer, Berlin

Am 18. Dezember jährt sich der zweite Jahrestag der zweiten Besetzung leerstehender Wohnungen in der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte. Seit zwei Jahren kämpfen Mietparteien und ehemalige Obdachlose gemeinsam um ihren Verbleib in dem Plattenbau und gegen die vom Bezirk Berlin-Mitte erteilte Abriss- und Baugenehmigung. Im letzten Jahr wurden den Bestandsmieter*innen Verwertungskündigungen zum 1. Mai 2023 zugestellt, wogegen sie Widerspruch einlegten. Derzeit werden vor dem Amtsgericht Mitte noch bis ins Frühjahr 2024 die Räumungsklagen gegen alle Mieter*innen verhandelt. Bisher sind die Klagen von den Gerichten durchweg als unzulässig und nicht begründet zurückgewiesen worden.

Um weiter Druck auf die Mieter*innen und ehemaligen Obdachlosen auszuüben, ist die Eigentümerseite (Arcadia Estates GmbH) dazu übergangen, mit illegalen gewalttätigen Übergriffen die Versorgungsstruktur des Hauses zu zerstören. Brandschutztüren wurden zugemauert, Fluchtwege versperrt. Das Warmwasser ist in den Wohnungen in drei Aufgängen weiterhin abgestellt, ebenso die Stromversorgung. In der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte am 16.11. stellte der stellvertretende Bezirksbürgermeister Gothe klar, dass es derzeit weder eine gültige Leerstandsgenehmigung für die Wohnungen, noch eine Abrissgenehmigung für die Häuser gibt. Auch habe der Bezirk dem Eigentümer bereits sein Ankaufsinteresse signalisiert.

In der erfolgreichen Anfangsphase nach der Besetzung gab es allerdings auch innerhalb des Projektes schon bald Versuche einer Personengruppe, die sich später »Schneckengang« nannte, die ex-Obdachlosen, die Bestandsmieter*innen und die die Besetzung unterstützende Initiative gegeneinander auszuspielen, Hausplenas zu delegitimieren, ausgesprochene Hausverbote zu sabotieren und Bewohner*innen öffentlich als »Bullenspitzel«, »nicht verurteilter Vergewaltiger«, »Mörder« und ähnliches an den Pranger zu stellen. Auffallend ist: Die sich zum linksautonomen Spektrum zählenden Personen waren weder an der Vorbereitung, noch an der Besetzung der leerstehenden Wohnungen beteiligt.

Im November 2022 verkündete die Schneckengang die Übernahme eines Hauseinganges in der Habersaathstraße. Vor einigen Wochen veröffentlichte sie nun unter dem Namen »Neue Hausbewohner*innen Ha46« ihre Absicht, im Hauseingang Nr. 46 ein von allen anderen Hauseingängen unabhängiges selbstverwaltetes »Hausprojekt« aufzuziehen. In ihren Texten präsentiert die Gruppe die Aneignung von Wohnungen durch Rausschmisse und Bedrohung bisheriger Bewohner*innen als »Überführung des Hauseingangs 46 in die Selbstverwaltung« mit Belegungsautonomie, wovon drei Etagen ausschließlich von

FLINTA* bewohnt werden sollen. Zudem wolle »ihr Haus« auch ein kleiner Beitrag zur Behebung der Berliner Obdachlosigkeit bis 2030 sein.

Die Schneckengang versucht, ihr eigenes Narrativ zu etablieren, indem sie betont, dass sie vor der Besetzung »in unterschiedlichen Phasen der Wohnungs- und Obdachlosigkeit feststeckten«, dass das Haus vor der Besetzung komplett leer gestanden habe und »ihr Haus« für sie existenziell sei, denn »es ist das einzige zu Hause, das wir haben«. Das ist jedoch nicht der Fall: Nur durch den jahrelangen Kampf der Bestandsmieter*innen gegen den Leerstand und für den Erhalt der Wohnungen wurde die Besetzung erst möglich.

Die Hausbewohner*innen und aktive Unterstützer*innen dagegen setzen auf den gemeinsamen Kampf aller gegen Abriss, für Rekommunalisierung bzw. Vergesellschaftung und reguläre Mietverträge. An gemeinsamen Diskussionen und Aktionen von Hausbewohner*innen und Initiativen hat sich die Schneckengang nie beteiligt.

»Wir haben die Erfahrung gemacht«, sagt M. aus der Habersaathstraße, »dass für die Schneckengang Selbstverwaltung so viel heißt wie: Wir bestimmen, und wenn du etwas anderes willst, fliegst du raus.« Kritik der von der Schneckengang noch geduldeten Bewohner*innen im Hauseingang 46 ist nicht erwünscht, sich mit eigenen Vorstellungen einzubringen, ebenfalls nicht.

Im Dezember 2022 wandten sich Hausbewohner*innen bei einer Kundgebung vor der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung erstmalig an die Öffentlichkeit und berichteten über Angriffe und Bedrohungen seitens der Schneckengang. Es folgten Redebeiträge bei Veranstaltungen, direkte Gespräche mit stadtpolitischen Gruppen und schriftliche Stellungnahmen, in denen sie über ihre Erfahrungen mit der Schneckengang berichteten.

Die Appelle an die politische Szene, sich einzumischen und die Hausbewohner*innen nicht allein zu lassen, verpufften allerdings bislang. Nach einem Redebeitrag der »Neuen Hausbewohner*innen« auf der Demonstration zur Unterstützung eines Hausprojektes in der Berliner Weichselstraße im September 2023, schrieben die Hausbewohner*innen: »Dass der Schneckengang nach mehreren Veröffentlichungen zu ihren gewalttätigen Handlungen und deren Folgen für die Bewohner*innen der Habersaathstraße 40-48 und ihrer Unterstützer*innen eine Bühne auf dieser Demo bereitet wurde, ist für uns unerträglich, retraumatisierend und völlig inakzeptabel.«

Kontakt: betroffene-habersaath@riseup.net x (ehemals Twitter):@hab_ich_saath

Der Autor ist seit vier Jahren aktiv für den Erhalt der Habersaathstraße 40-48. Lest dazu auch den Leser*innenbrief auf Seite 16.